mir scheint es so, als schriebe jeder oder versuchte zu schreiben. wenn ich nichts werd‘, werd‘ ich autor. und dann gelingt es denen auch noch, während ich mit stütze mein leben friste. neuerdings hat sich in das andere innenohr, das nicht vom zweifelzwerg bewohnt wird, mutter courage einquartiert, in gestalt von helene weigel, aber mit lockigen blonden haaren. ich soll nicht so negativ sein und von stütze reden, ich könne doch einiges – zum wenigsten nicht schlecht schreiben. ich bleibe skeptisch. aber das schlimmste ist, dass sich zweifelzwerg und mutter courage gegenseitig angiften und beharken – aber ich bin dazwischen eingeklemmt in meinem kämmerchen, aus dem ich nicht entkommen kann. alles steht bereit: ein stuhl, ein tisch, feder, tinte und papier. en garde. – en garde!, wenn ich das schon höre, grummelt der zweifelzwerg und zieht sich in einen winkel des ohrs zurück.

die nöte eines vermeintlichen oder tatsächlichen dichters interessieren allenfalls vermeintliche oder tatsächliche dichter. da draußen gibt es aber noch eine andre welt und mehr als eine, die immer stärker aus den fugen gerät und zu deren ungefährer bewahrung man die leidenschaft der revolution brauchte. von fortschritt redet lange keiner mehr. ein leidenschaftlicher konservativer im sinne des pathos des bewahrens.

am nachbartisch zwei junge frauen, die eine weinte ständig, die andere tröstete. man vermutet einen bösen mann. als die trösterin kurz verschwunden war, sah ich zu der vermeintlichen verlassenen, sie weinte zwar nicht mehr, aber ihre augen waren tiefrot. ich lächelte sie an und sie lächelte zurück. – das hilft doch schon. sein leben meistern und den andern helfen, ihres zu meistern. mehr braucht es nicht. – wer lächelt mich an? wenn ich jetzt schriebe, ich könne mich nicht verlassen fühlen, weil ich mich nie in einem anderen zustand befand, riefe mich mutter courage aus dem rechten innenohr heraus zur räson. aber es ist schon so: viele nett, aber niemand da, an den ich mich lehnen könnte, ohne fürchten zu müssen, sie könnte verschwinden oder gar nicht da sein. mir ist natürlich bewusst, dass ich damit nur der romantischen konstruktion, dem ideal aufsitze – aber entwöhne dich mal verinnerlichter kultureller muster. liebe und fremdenfurcht. selbst wenn mir gelegentlich wieder ein langhaariges geschöpf nicht nur über den weg liefe, sondern auch die schulter zum anlehnen (und die lippen zum küssen böte), ein rest fremdheit, unsicherheit bliebe immer. immer sitzt man allein in seiner kammer, allein an seinem schreibtisch. das gespräch lindert das leiden, aber zuletzt muss man’s hinnehmen und das beste daraus machen. ein buch, zu beispiel.

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