heiner müller, der eppendorfer, mithin: erzgebirg(l)er, wurde vor achtzig jahren geboren. – worin besteht der sinn dieses notats? die tatsache, dass h.m. am 09. januar 1929 in eppendorf geboren wurde, kann man in jedem lexikon nachlesen; dass eppendorf im erzgebirge liegt, ergibt sich aus jeder karte. es kann folglich keine mitteilung aus glanzgründen sein. oh, der erzgescheite! – nein, nein. da weiß einer nicht, was er schreiben soll, da fällt einem nichts ein. aber er muss ja zeilen produzieren, immerfort zeilen produzieren. (warum, warum nur, wer zwingt ihn dazu?) also füllt er sie wahlweise mit allgemeinplätzen, uninteressanten befindlichkeiten oder zeitungsmeldungen. – es müssen freilich auch immer geschliffene oder scharfsinnige sätze sein …

meine wörter sind alle blass und hohl. sie werden nicht leuchtender und üppiger durch wiederholung. mein karger wortschatz. wortarmut. wortbankrott anmelden. ach, eine axt nehmen und sich selber in so kleine teile spalten, dass man einfach verschwindet. – wo heute eine galaxie ist, strahlte vorzeiten ein stern der ersten generation. die schwarzen löcher in den zentren der galaxien sind die reste dieser sterne. sternenstaub – mir wird ganz schlecht von diesem pathos, halb romantik, halb science fiction. meine wörter sind blass und hohl. mir fällt keine ungewöhnliche kombination ein, mir fällt kein selten gewordenes ein. kummet, hunt, erlenmeyerkolben, pleulstange, quirl, schamottstein, klatschmohn, bowdenzug. – ein vogel flog vorbei und setze sich kurz auf einen baum – ein fischreiher glitt durch die luft und ließ sich für augenblicke im wipfel einer einzelstehenden fichte nieder. das eine ist trivial, das andere manierismus, kunsthandwerk. – durch die welt gehen und singend alle dinge benennen. — es ödet mich an, es widert mich an: sich selbst die eingeweide herausreißen, haut und fleisch abschaben bis auf den knochen. auslöschen, vergehen, sich zusammenknüllen und in den papierkorb werfen. ich drehe mich in einem teufelskreis immer weiter und immer schneller um mich selber, ich bin todmüde, aber ich kann nicht schlafen, meine hände sind eiskalt, ich friere am und im ganzen leib, ich esse nichts und trinke nur kaffee, der mich innerlich zerfrisst, sauer und faulig. brackwasser.

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