wieder st. nikolai im blick von der universitätstraße. die kirche will mir als signum mitteldeutschen luthertums des späten 16. und frühen 17. jahrhunderts erscheinen. gewichtig-würdevolle, selbstbewusst-stolze pfarrer und superintendenten in schwarzen talaren, die dem bier wie dem „bergisch buch“ gleichermaßen zusprechen, wie die bürgermeister der zeit, deren porträts im alten rathaus hängen. während ich die treppen im städtischen kaufhaus hinaufkletterte, sang ich „nun danket alle gott“ so vor mich hin. tandaradei.

b. brachte mir einen artikel aus der zeit mit, wieder von e.f.; dieses mal über das marx-relief. es gäbe eine marx-gemeinde in leipzig, hier glaube man noch immer an den staatssozialismus und verhöhne die opfer. ich verstehe nicht, welcher teufel diese frau reitet, welchen kreuzzug sie führt, wozu? zusammengeklaubter unsinn. ich möchte mir am liebsten die haare raufen und mit einem vorschlaghammer irgendetwas kaputt schlagen angesichts solcher ignoranz und, ja, dummheit. aber dann hieße es wieder, meine neigung zur gewalt bezeichnete meine fehlerhafte position. schachmatt! – verbale prügel von linken und rechten (biederen traditionalisten: „sie müssen auch einmal uns leipziger verstehen!“; nicht dass ich etwas gegen traditonen hätte, ich sicherlich nicht), beweist mir nur, dass ich im grunde nicht an mir zu zweifeln brauche. das befriedigt, so eine art opfer und sisyphos, arbeiter im bergwerk des herrn zu sein. trotz alledem und alledem; unser wahlspruch heißt dennoch.

kempowski: (…) man hat keine lust und kraft, all die steine aufzusammeln. und schmeißen will man sie schon gar nicht.

beim blättern durch das notizbuch erinnerte ich mich an die kontroverse über den natonek-preis mit a.m. auf dem flur des institutsgebäudes habe ich herumgestottert und konnte keinen klaren satz formulieren, ich muss mir eben alles vorher notieren, dann fallen mir auch die schlagworte ein und mehr braucht es ja nicht. er brach die debatte jedenfalls ab; ich vermute, weil es ihm einfach zu dumm wurde, ich kann es verstehen. mein gehaspel würde ich auch nicht ertragen wollen, nur kann ich mir selbst nicht entkommen, die kammer nicht verlassen, in der ich sitz. ich alter haspelknecht; wenn ich nach gedingearbeit bezahlt würde, ich verhungerte. aber natonek: wer einen preis annimmt, bestätigt immer die verhältnisse, aus denen heraus er vergeben wird; wer sich damit nicht gemein machen will und in widerspruch, in widerstand zu ihnen lebt, der lehnt den preis ganz einfach ab. beispiel sartre. the power of an example. punktum. aber nein: sie wollen schon mit lobgold überhäuft werden (wer wollte das nicht?), nur, bitteschön, politisch korrekt muss es sein.

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