mir träumte, ich verwendete einen text von t. t. oder d. d. über den zusammenhang von bildung und industrialisierung in sachsen für einen eigenen aufsatz über das gleiche thema nur mit bezug auf das erzgebirge. ich variierte jeden satz, aber sowohl von der bedeutung als auch von der argumentationsstruktur her glich mein text der vorlage. das muss man wohl plagiat nennen … – irgendwann bemerkte ich, dass ich mein thema verloren hatte und begann, eigene sätze zu schreiben, was recht vielversprechend anhob.
als mich der wecker aus dem schlaf und dem traum riss, hatte ich sogar noch einzelne sätze des ursprünglichen textes vor augen stehen, die ich aber inzwischen längst vergessen habe. es ist wie so oft bei geträumten lektüren oder niederschriften: ich meine, es wären ganz klare, kluge sätze gewesen, an die ich mich mit gutem willen erinnern müsste; vielleicht ist es aber auch immer nur der eindruck von klaren, klugen sätzen und in wirklichkeit ist alles weitaus verworrener.

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mir träumte, ich sah meinen großvater mit seiner letzten kuh lore, die den kastenwagen zog. die kuh sah sehr alt und ausgemergelt aus, sie quälte sich, den wagen zu ziehen. ich fragte mich, wie lang die kuh noch leben würde – und was geschähe, wenn sie eines tages stürbe: ob mein großvater eine neue kuh kaufte oder ob er die kleine landwirtschaft ganz aufgäbe. aber eine neue kuh müsste erst wieder daran gewöhnt werden, einen wagen oder einen pflug zu ziehen. und außerdem müsste die landwirtschaft auch in dem fall fortgeführt werden, wenn die neue kuh meinen großvater überleben sollte, was sehr wahrscheinlich wäre, denn es wäre eine respektlosigkeit, die kuh zum schlachter zu geben, kaum dass der großvater beerdigt worden wäre. aber wer sollte die landwirschaft weiterführen?

da fiel mir, noch im traum ein, dass lore schon vor über zehn jahren zum schlachter gebracht worden war und mein großvater auch schon fünf jahre tot ist. diese erkenntnis befreite mich aber keineswegs von meinen sorgen, denn einmal wurde mir deutlich, dass die generationenkette der kühe, die mein großvater und meine erzgebirgischen urgroßväter besaßen, endgültig abgerissen ist; zuweilen frage ich mich zudem, wie lore wohl ihre letzte stunden erlebt hat, mir stehen immer noch die bilder vor augen, wie sie zum letzten mal aus dem stall und über den hof geführt wurde – dieser vorgang scheint mir immer wie ein treuebruch gegenüber dem treuen tier und wie ein ungehöriger modernisierungsakt, bei dem man sich von der herkunft und vergangenheit löst, indem man alte dinge wegwirft. als heranwachsender schämte ich mich immer für die tiere, als röche ich nach ihnen und als unterstrichen sie meine unattraktive bravheit, meine naive weltunerfahrenheit, meine rückständigkeit in jeder hinsicht – und zugleich berührte mich der anblick einer kuh, die einen schweren heuwagen zog. die arbeit auf dem feld, das legen und das lesen der kartoffeln, das heuernten, das grasholen erfüllten mich mit stolz, während ich es tat. noch heute berührt mich der anblick der kuh und heute freue ich mich nicht nur, diese archaische form alteuropäischer landwirtschaft miterlebt zu haben, heute reut es mich, dass ich mich dessen schämte, als ich zur schule ging. ich wünsche mir nicht allein, ich hätte mehr zeit mit den tieren zugebracht und genauer beobachtet, ich sehne mich in gewisser weise nach dieser art selbstversorgungslandwirtschaft, weil ich mir einbilde, ich könnte aus dem umstand, feldfrüchte anzubauen und tiere zu halten, eine art daseinsberechtigung ziehen, weil ich nicht abhängig wäre vom wohlwollen der ämter und ihrer insassen, weil ich aber auch meiner umgebung demonstrieren könnte, mein leben selbst in der hand zu haben.

vielleicht sehne ich mich auch danach, weil ich auf diese weise einer bestimmten form von männlichkeit entsprechen würde, keinen mangel und keine unzulänglichkeit empfände und dadurch die freiheit gewänne, ganz bei mir sein zu dürfen. ein hinterwäldlerischer erzgebirgler, der seine kuh aufs feld treibt – und wenn du ihn ansprichst, hält er dir einen stehgreifvortrag über die bildungslandschaft mitteldeutschland oder über die industrialisierung böhmens oder über die notwendigkeit des pluralismus. ein unscheinbarer kleinintellektueller, der hinter seinem rechner in einer bibliothek oder in einem archiv sitzt – und wenn du ihn ein stück begleitest, siehst du ihn seine kuh aufs feld treiben. ich habe nie allein eine kuh vor einem wagen geführt, nicht auf dem feld und schon gar nicht durch die straßen der stadt, die erfahrung erscheint mir aber in der rückschau immens bestätigend zu sein, denn was wäre wohl eine stärkere selbstwirksamkeiterfahrung, als eine kuh vor einem hochbeladenen heuwagen durch eine kleinstadt zu führen? als mir, noch im traum bewusst wurde, nicht nur die kuh ist längst gestorben, sondern auch der großvater, sah ich mich auch wieder der unumstößlichen tatsache gegenüber, dass ich ihn nichts mehr fragen kann, dass alle seine erinnerungen, die er mir noch hätte mitteilen, nach denen ich hätte fragen können – alle, alle verloren sind und ich mich an meine eigene erinnerung halten muss, daran halten muss, was er erzählte, so wie es mir noch im ohr und im gedächtnis ist. dieses ohnmachtsgefühl, bestimmte menschen nicht mehr befragen zu können, erlebenisse aus für mich unzugänglichen vergangenheiten nicht mehr zu erfahren und aufzubewahren, so gut es mir gelingt, dieses ohnmachtsgefühl überfällt mich regelmäßig in bösen träumen und lässt mich ein wenig traurig, ein wenig verzweifelt zurück.

 

 

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die kahlen eichenbäume im verschneiten clara-zetkin-park machten einen caspar-david-friedrich-eindruck. die sonne ging unter und sah aus wie eine blutorange, der himmel im westen war mit dünnen schleierwolken verhangen; sonne und schleierwolken ließen das geäst der parkbäume hervortreten wie auf einer kunstfotografie. die kälte und die gedämpften stimmen der parkbesucher taten ein übriges, dass ich mich wie ein komparse in einem traurigen französischen film aus den siebziger jahren fühlte, der einen proustartigen fin-de-siècle-roman zum gegenstand hat: das kindermädchen und der ältere sohn lieben sich, sie treffen sich noch einmal im park, aber es ist nicht nur alles aussichtslos, ist auch schon alles gesagt, sie sitzen schweigend eine weile auf einer bank, sie mit ihrer schwarz-weißen gouvernantentracht, er in einem eleganten braunen anzug, mit hut, handschuhen und spazierstock. dann setzt er den hut auf, schlägt sich mit den handschuhen beim aufstehen leicht auf den rechten oberschenkel und geht zügigen schrittes aus dem bild, die kamera wendet sich ab und macht eine totale auf den park, im hintergrund seufzt leise ein spätromantisches streicheradagio. sie wird kurz darauf in einen anderen stadtteil vermittelt, er heiratet wenig später eine frau aus verarmter, aber gut beleumundeter noblesse du robe und geht auf wunsch und dank der beziehungen beider familien nach indochina. das kindermädchen stirbt später als vereinsamte alte frau in einer kalten, feuchten kellerwohnung anfang 1918 an der spanischen grippe. er betrügt seine frau mit den vietnamesischen köchinnen, zimmermädchen, zugehfrauen, sie sieht sich das in ihrem hochgeschlossenen weißen spitzenkleid eine weile an, contenance toujours, bis ein amerikaner auftaucht, mit dem sie eine affäre beginnt, teils aus rache, teils wegen der unbeschwerten verwegenheit, die der schlapphuttragende haudegen ausstrahlt. er verschwindet schnell wieder, die ehe geht in die brüche, schleppt sich aber noch bis in die zwanziger jahre hin, dann lässt sich die frau scheiden und geht zurück nach südfrankreich, wo ihre familie eine schloß aus dem ancien regime besitzt. dort feiert sie große erfolge als künstlerin, indem sie auf aussortierten alltagsgegenständen, türen, fenstern, schrankteilen, tischplatten expressive landschaften und porträts malt und gebrauchte keramiken, krüge, tassen, teller mit feinkörnigen bunten mineralien überzieht. dort stirbt sie hochbetagt und allem anschein nach zuletzt nicht ganz unglücklich in den siebziger jahren; vielleicht ist das der ausgangs- und schlusspunkt des films. er bleibt in indochina zurück, weil die familie ihn verstoßen hat und wohl auch verarmt ist, wird alkoholiker und verliert allmählich den verstand. vor der zeit altgeworden, dick und schwerfällig wird er bei einem nichtigen streit im rotlichtviertel von saigon erstochen. er torkelt über die straße und fällt in den rinnstein, wo er im strömenden regen stibt. wieder wendet sich die kamera ab und macht eine totale, wieder seufzt das bekannte streicheradagio.

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den ganzen tag beschäftigte ich mich mit meinem zettelkasten. das erfreuliche daran war der umstand, dass ich bei dieser arbeit die zeit vergaß. seit einigen tagen versuche ich, eine übersicht der orte im erzgebirge zu erstellen. zunächst geht es mir darum, ein besseres gespür für die ausdehnung des raumes zu entwickeln, damit ich im weiteren einen genaueren, systematischen zugriff darauf bekomme. als ich anfang januar mit dem zug nach von annaberg nach dresden fuhr, kam mir ungefähr am haltepunkt erdmannsdorf/augustusburg ein abenteuerlicher, aberwitziger plan in den sinn, den ich natürlich niemals werde verwirklichen können – vor allem, weil ich mich niemals an meine eigene pläne halten kann. ich bin eben, auch zu meinem eigenen leidwesen, kein macher, sondern allenfalls ein projektemacher. der plan jedenfalls besteht darin, sich neben den aufgaben des tages woche für woche einen ort im erzgebirge vorzunehmen und mithilfe der gängigen landeskundlichen, landesgeschichtlichen nachschlagewerke darüber einiges in erfahrung zu bringen – und den ort nach möglichkeit zu besuchen, sowohl von leipzig wie auch von j. aus ist das ohne weiteres möglich. die körperliche erfahrung des raumes ist immerhin noch etwas ganz anderes als das büchergelehrte wissen. in grenzen unbegrenzt sei die landesgeschichte. dementsprechend sollte der anspruch schon darin bestehen, diese grenzen auszuloten, damit man weiß, wovon man spricht. hinter dem vorhaben steht die überlegung, aus der fülle des detailwissens historiografische ideen entwickeln zu können. ich kenne zwar eine ganze reihe von (größeren) orten im erzgebirge, aber alle meine streifzüge, erkundungen und exkursionen hatten bislang einen unsystematischen charakter: wohin sollte ich mich nur zuerst wenden? die schiere zahl der möglichkeiten überforderte mich. in meiner neigung zu irrealen konjuktiven der vergangenheit malte ich mir aus, ich hätte diesen plan schon längst verwirklichen können, wenn ich die idee dazu gleich zu beginn meiner verstärkten hinwendung zum erzgebirge im frühjahr vor sechs jahren gehabt – und zu umzusetzen begonnen hätte. da könnte ich heute einen triumphschrei tun und sagen: oberleutensdorf, klar – die textilbetriebe der waldsteins; beim stichwort morgenröthe-rautenkranz die hammerwerke samt besitzern und verwandtschaftsverhältnissen wie einen rosenkranz herunterspulen und wenn die rede auf scheibenberg kommt, nicht nur einen stehgreifvortrag über christian lehmanns chronistentätigkeit halten, sondern auch auf die regelmäßige, schachbrettartige anlage der stadt verweisen … – kurz bevor ich ins bett ging, nahm ich meinen taschenatlas zur hand und stellte fest, dass es im engeren sinn um den raum geht, der von den städten falkenau/sokolov – graslitz/kraslice – reichenberg – hainichen – freital und aussig/ustí nad labemeingefasst wird. ––– ich überlegte lange, wie ich einen entsprechenden kartenausschnitt verwenden könnte, um ihn zu veröffentlichen. zuletzt fiel mir das angebot von openstreetmap1 ein. allerdings entsprachen die scharfen linien, die ich zwischen den besagten orten einzeichnete, nicht meinen ästhetischen vorstellungen – auf der hand liegt ohnehin, dass es sich nur um näherungswerte handeln kann, denn ein so ungefährer geografischer begriff, wie es das erzgebirge nun einmal ist, lässt sich nicht mit zehntelzentimetergenauigkeit auf dem messtischblatt abzirkeln. nach einigen versuchen mit schlankeren linien kam ich auf die idee, eine reihe von ortsnamen am rand des in rede stehenden raumes auf dem kartenausschnitt einzuzeichnen. mit diesem verfahren erreichte ich zweierlei: zum einen wird die unschärfe der abgrenzung deutlich, zum andern wird mit den ortsnamen eine zusätzliche semantische ebene eingezogen, so dass die karte noch verstärkter auf die karten im kopf verweist als wenn sie eine bloße landkarte wäre. außerdem konnte ich so carlfriedrich claus, dem annaberger kalligraphen mit weltgeltung eine referenz erweisen, wie ich es schon lange beabsichtigte, aber bislang nicht wusste, auf welche geeignete weise es zu tun sei.

das erzgebirge mit seinem fransenden rand: klösterle an der eger/klášterec nad ohří – kaaden/kadaň – komotau/chomutov – görkau/jirkov – brüx/most – dux/duchcov – aussig/ustí nad labem – kulm/chlumec – tetschen/děčín – reinhardtsdorf-schöna – königstein – pirna – lungkwitz – freital – wilsdruff – siebenlehn – nossen – hainichen – mittweida – burgstädt – limbach – oberfrohna – glauchau – lichtenstein – werdau – mylau – lengenfeld – falkenstein – schöneck – graslitz/kraslice – rothau/rotava – falkenau/sokolov – neu rohlau/nová role – schlackenwerth/ostrov – klösterle an der eger/klášterec nad ohří.

1 vgl. http://openstreetmap.de/karte.html (letzter zugriff: 11.02.12); daten von openstreetmap – veröffentlicht unter CC-BY-SA 2.0; ausschnitt und bearbeitung vom autor.
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die gestalt des russischen malers nikolai roerich ist ein schönes beispiel für einen lebensweg quer zum verlauf der geschichte im späten neunzehnten und frühen zwanzigsten jahrhundert. die gängige meistererzählung, die uns ein bild der vergangenen wirklichkeit in diesem zeitraum liefert, wird auf eine herrlich anarchische weise entlarvt. er ist eine figur wie geschaffen für eine bizarre geschichte alexander kluges. dass es jemanden wie ihn überhaupt gegeben hat, ermutigt zu expeditionen am rand der eigenen wirklichkeit; dass es jemanden wie ihn tatsächlich gegeben hat, bekräftigt das poetische prinzip eines magischen realismus, der auf auf das erfinden verzichtet zugunsten des bloßen findens.

1 ernst von waldenfels, nikolai roerich. kunst, macht und okkultismus, bln. 2011. – siehe auch die rezenzion dazu von christopher stutz, wo die weisen männer wohnen, in: sz vom 17. januar 2012, s. 14. schade nur, dass die angegebenen lebensdaten fehlerhaft sind und so das phantastische schillern ein wenig dämpfen, denn roerich ist nicht wie angegeben 1847, sondern erst 1874 geboren. nimmt man andererseits noch die baltisch-schwedischen wurzeln der familie und die ostasienwissenschaftliche karriere eines sohnes in der sowjetunion hinzu, kommt man aus dem staunen mit offenem mund nicht mehr heraus und kann nur noch mit ernst jünger feststellen: das alles gibt es also

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an der treppe traf ich f. d. und gab ihm den stapel jünger-literatur. ich wollte die bücher kurz ablegen und ihm einzelheiten erläutern, wir gingen in einen seminarraum, wo ein paar junge kommilitoninnen zusammensaßen, als warteten sie auf den beginn der veranstaltung. sie sahen uns verwundert an, als hätten sie jeden anderen, nur nicht uns erwartet. vielleicht dachten sie auch, wir seien eine aktionsgruppe einer neuen bildungs- und humankapitalismuskritischen graswurzelbewegung: occupy lecture room. zu einer von ihnen sah ich hin und lächelte, sie lächelte zurück. (diese kurze, flüchtige begegnung wird die einzige zwischen uns beiden gewesen sein in der ganzen geschichte des welt, aber das erschließt sich erst aus einer totalen position ganz außerhalb; in einem roman wären nur der autor und seine leser zu dieser einsicht fähig und sie würden sich vermutlich alle freuen über die spekulationen dieser art, die eine figur anstellt …). ihr gegenüber saß r. s., aber sie erinnerte sich nicht und erkannte mich nicht, als ich zu ihr aufsah. warum auch. später fragte ich mich, ob ich ihr hätte sagen sollen: du bist r. s. und wir kennen uns von da und da … ob so ein gespräch zustande gekommen wäre? aber was ist schon ein gespräch.

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mir träumte, ich blätterte durch ein altes mosaik-heft, in dem in zauberhaften bildern die kindheit und jugend von dig und dag dargestellt wurde. in ihrem zimmer, das zwar sehr klein und beengt war, aber dennoch so lebendig wirkte und von leidenschaftlicher neugier auf die welt geprägt schien, dass ich jeden palast dagegen hätte eintauschen mögen, wenn ich nur in dieser kammer wohnen könnte. es war alles niedrig, viel helles holz, kleine fenster, es mochte in einem bayerischen oder österreichischen bauernhaus sein oder in einer almhütte. am fenstersturz hing das bild von digedag, der als der ältere bruder erklärt wurde und schon in der welt unterwegs sei. eine schöne und liebevolle frau in einem weißen, langen, aber ärmellosen leinenkleid saß auf einer holzbank in einem zimmer, das ebenfalls zu diesem haus zu gehören schien. sie las etwas vor oder half beim betrachten eines bilderbuches. ich wusste nicht, ob sie die mutter digs und dags sein sollte (haben kobolde mütter und wenn ja: sind es elfen?) und mit ihnen ein buch las oder aber ob sie die mutter eines kindes war, das die kindheits-abenteuer der digedags mit ihr gemeinsam studierte. im letzteren fall war ich ein wenig dieses kind, irgendwie.

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„‚(…) dazu braucht es mut und eine beispiellose politische entschlossenheit sowie einen konsens zwischen allen parteien‘, mahnt der chinesische regierungschef. (…)“1 am besten für europa sind ohnehin chinesische verhältnisse: auf jedem schiff, das dampft und segelt, gibt’s einen, der die sache regelt – und zwar am besten der vorsitzende des zentralkommitees der kommunistischen partei europas … die sich fieberhaft ausbreitende chinabewunderung ist nur eine neue facette in der gut zweitausendjährigen beziehungsgeschichte zwischen dem fernen osten und dem fernen westen eurasiens. die gelbe gefahr wird heute an die wand leerstehender fabriken, banken, schulen geschrieben. phlegmatisch und fatalistisch wälzen wir uns im selbstmitleid, wir erwarten einen chinesischen lohengrinmessias, der uns erlöst und errettet und geben keinen cent mehr auf unsere traditionen und potentiale. auch wenn china (und mit ihm indien und russland und brasilien) gegenwärtig so überwältigend vital erscheinen, halte ich es keineswegs für ausgemacht, dass das kommende jahrhundert ein chinesisches werden wird, wie etwa das vergangene ein amerikanisches war. jemand bemerkte einmal, ein durchaus interessanter gedanke, zu beginn des zwanzigsten jahrhunderts habe alles dafür gesprochen, dass es ein deutsches werden könnte – und wie ist es ausgegangen? man frage einmal die achthundert millionen bauern in china und die hundert millionen wanderarbeiter nach dem mut und der entschlossenheit der kp-führung. sie werden vermutlich nicht viel antworten, denn wer zu viel sagt und fragt, wird plötzlich wegen steuervergehen eingesperrt. in der debatte zur ertüchtigung des rettungsschirms definierte peer steinbrück europa als die abwesenheit der angst, dass es nachts an der tür klopft und man aufgefordert wird mitzukommen. an diesem gedanken ist steinbrück zwar nicht der urheber, recht hat er aber trotzdem.

1 ärgern über merkel …, in: sz vom 22.10.11, s. 25.

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mir träumte – nichts oder ich habe es vergessen; ich hatte auch keine ruhe gefunden zum schlafen: immer wieder wachte ich auf, panisch, dass es zu spät sein könnte, wenn ich aufwachte – bis es zu spät war für diesen tag als ich schließlich einigermaßen munter aufwachte. und abends war ich dennoch so müde, dass ich mich in den sessel fallen ließ und einschlief, während des schlafens aber immer wieder bemerkte, wie müde ich war und wie wenig ratsam es sein würde, sofort aufzuwachen. so verschlief ich eine stunde und ehe ich mich versah, war es elf uhr abends, der schreibtisch voller denn je und überhaupt sollte der tag mehr stunden haben – wenigstens für mich. (das ist natürlich: egoistisch und elitär, dabei gehört die erschöpfung, die nur durch das schlafen zu bewältigen ist, zu den wenigen egalitären dingen, derer man sich nicht durch geld und macht und auch nicht durch eisernen willen entledigen kann.)

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mir träumte, dass ich in einem kleinen laden eingekauft hätte, dessen sortiment schon fast erschöpft war. auf einer langen tafel standen einige becher mit verschiedenen molkereiprodukten. mit einem löffel, der herumlag, versuchte ich, die sahne in einem becher steif zu schlagen, aber es gelang mir nicht. in einem bottich buttermilch war fast nichts mehr drin, ich versuchte, mit dem löffel, den rest zu probieren, aber auf empfehlung einer verkäuferin kam ein alter mann und nahm den bottich mit zur kasse. die verkäuferin trug eine geblümte dederon-schürtze und sonst fast nichts. (…) ich kaufte einige wenige sachen und verließ das geschäft. auf der anderen seite des marktplatzes, wo eine straße zum friedhof abzweigte, traf ich eine alte schulfreundin, neben der ich in der grundschule einige jahre auf der bank gesessen war, mit der mich inzwischen aber nichts mehr verband. höflichkeitshalber begleitete ich sie ein stück und wechselte ein paar worte mit ihr. von den mauern der gebäude, an denen wir vorüberliefen, blätterte der sandgelbe putz. ich bemerkte, dass ich meinen beutel im laden vergessen hatte und nur ein einzelnes stück vom einkauf in der hand trug. ich drückte es ihr in die hand und lief zurück zum laden, sie rief mir noch nach, dass der schon geschlossen hatte, aber ich war mir sicher, die tür sei – extra für mich – nicht abgeschlossen worden. so war es auch. trotzdem fühlte es sich so an, als ob man eine geschichte zu einem guten ende erzählt, aber die realen tatsachen, die man zuvor geschildert hat, nicht beachtet. man zwingt den handlungsverlauf ins unglaubwürdige für ein happy end. ich fühlte keinen triumph, als ich die ladentür wie vorausgesagt und erwartet, nicht verschlossen vorfand, ich fühlte mich vielmehr wie ein bislang nicht entlarvter betrüger.

1 der einzige makel am drehbuch des letzten star-trek-films war der verzicht auf die reflexion über das verhältnis einer ausweglosen situation zu ihren bedingungen. sowohl in der so genannten kobayashi-maru-simulation als auch in der lösung des realen bedrohungsszenarios verändert jim kirk die rahmenbedingungen, so kann man es zumindest lesen, damit eine lösung möglich wird. wenn du in eine aussichtslose lage geraten bist, verändere die lagebedingungen – und schon bist du wieder im spiel. diese parabelhafte lehre hätte zugleich die möglichkeit eröffnet, eine gegenposition zu inszenieren – und den film in die gesamterzählung eingebunden, indem er bezüge zur (ersten) spock-trilogie mit dessen tod, wiederauferstehung und zweiter, eigentlicher menschwerdung bei der zeitreise, wal- und weltrettung geschaffen hätte.
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