der anblick des uniriesen durch die krone der bäume im schillerpark. ich hatte den eindruck, als befände ich mich in einer mittelgroßen amerikanischen stadt, deren name niemand kennt, die für sich existiert, mit universität, akademie und regionalen wirtschaftsgrößen, die sich für josef ackermann im kleinen halten. – vor jahren lief ich des nachts einmal über die brücke am sportforum, ich besuchte u., und dachte: nehmen wir an, leipzig sei die welt. – gelegentlich habe ich phantasien, die dahingehen, dass durch irgendeine absonderliche groß-katastrophe die ganze menschheit umkommt, nur die region um leipzig bleibt verschont (manch einer mag das für ein horrorszenario im horroszenario halten, gewiss …) – wie dann die neuerliche besiedlung der welt von leipzig aus begänne, aber zunächst die lebensmittel- und energieversorgung, die suche nach überlebenden mithilfe von langwellensendern und flugzeugen. noch absonderlicher die vorstellung, die leipziger region würde wie sie ist, auf einen anderen planeten versetzt, mit grünzeug und ähnlich entwickelter fauna wie hier, die erkundung der neuen welt, raketen, satelliten, die gründung von siedlungen: neu-grimma, neu-plagwitz usf. das fällt mir häufig ein, wenn ich mich der stadt auf der b2 von süden nähere. zuweilen stelle ich mir dann aber die stadt auch als namenloses provinznest irgendwo hinter dem ural vor, vermutlich wegen der jungen birkenwälder. birkenwälder sind bekanntlich rußland. — seltsame vorstellungen allesamt.

ich lese kempowskis tagebuch des jahres 1989 und versetze mich zurück. ich hätte auch schon ein tagebuch schreiben können. aber angesichts der enge und ausweglosigkeit bekomme ich angst: was hätte ich lesen sollen während der jahre, bis ich mir in der kreisstadt, wo das gymnasium lag, hätte bücher aus der bibliothek leihen oder im buchladen kaufen können. die bibel hätte ich lesen können, das wäre vorhanden gewesen, und die buddenbrooks; und dann aus der kreisstädtischen bücherei: lyrik, strittmatter, thomas mann: die josefsromane und der zauberberg … ich stelle mir vor, ich könnte dort noch einmal neu ansetzen, allerdings mit dem wissen und geisteszustand von heute. schulhefte mit aufzeichnungen füllen, lesen und beobachten, den deutschlandfunk hören als alternative zur regionalen tageszeitung. all die vielen spinnigen ideen und phantasien aufschreiben, die ich entwickelte, während ich in der schule wartete. schreiben üben. auf dem lateinunterricht bestehen. wanderungen in der gegend, früh beginnen mit kontakten zu museen, archiven und heimatforschern – ach ja. don’t spend time for imaging, what might have been. if you’re knocked down, get up, get up. amaze by the power of your example, not by the example of your power … – am nachmittag sah ich wahlkampfreden der demokraten in denver.

es stimmt schon: schreiben macht spaß. aber die mühsal des aufstehens am morgen, und dann die vielen dinge, bevor man beginnen kann, das mühsame duschen, ankleiden und frühstücken, so gehen halbe und dreiviertele stunden dahin. die angst vor den mageren ergebnissen, die man produziert. aber gewiss, ja, genügend quantität bringt auch einen umschlag in qualität. hofft man wenigstens. oder: wenn jeder genauso fleißig die orgel traktieret, wird er es genauso weit bringen wie ich.

glaswulzelbewegung!, sagt der eine chinese zum andern – und der versteht nur bahnhof.

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