im morgengrauen des 26. februar 1634, neuen stils, wie es sich gehört, war die magd marie svobodova als erste mit ihren beiden holzeimern auf den beinen, um am marktbrunnen wasser zu holen. es sollten gänse geschlachtet werden, weil die herrschaft, der kaufmann in eisenwaren balthasar schlick, gäste erwartete, den grubenbesitzer veit langgäßner etwa, der gute geschäfte für den rechtgläubigen münchner kurfüsten maximilian gemacht hatte und zum dank einige erzbergwerke im oberpfälzischen amberg ehedem erhalten hatte aus dem besitz des geächteten erzschurken gegen kaiser und reich christian von anhalt. der metallhändler schlick leitete übrigens den ursprung seiner familie aus der gleichen wurzel ab wie die umstrittenen grafen schlick von schlackenwerth, die oben im gebirge vor über hundert jahren dicht an der grenze zu kursachsen, wo die wittenbergischen ketzer und häretiker saßen, aber wohl nicht mehr lang sitzen würden, ein bergstädtlein gegründet und ihm den namen des vaters der gottesmutter, des heiligen joachim gegeben hatten und aus dem erzenen segen im berg noch immer gewinn und profit zogen – metall schien es, musste die familie im blut haben. die magd marie war auf dem weg zum brunnen, denn just gestern abend war die hölzerne wasserleitung zum hause schlick versiegt, entweder sie war verstopft, ein narr, der beim namen des hausherrn auf eine kurzweilige bemerkung diesbezüglich sinnt, denn er kennt den zorn des balthasar schlick nicht, der ihm das blut in den kopf treibt und den ganzen hals wie eine einzige ader anschwellen lässt …, oder sie war beschädigt worden durch die umtriebe der kaiserlichen, oder sollte man sagen: wallensteinischen? soldaten, die in der stadt und vor ihren toren lagen. wasser gab es jedenfalls nicht im haus und daher musste marie, die jüngste der mägde, im morgengrauen zum brunnen wasser holen. zu ihrem glück lag das schlicksche wohn- und warenhaus am markt, so dass sie nur eine kurze strecke laufen musste.
wie sie am rathaus vorüberkam, lief ihr ein junger kaiserlicher kornett über den weg, hinter ihm zwei mürrische, düster dreinblickende pikeniere, denen zu frösteln schien. der junge offizier, prächtig ausstaffiert mit lederwams, degen und einem roten federbusch am breitkrempigen hut, sah entsetzt und furchtbar traurig aus, als habe er in der nacht böse wein gezecht. nicht der frühe dienst lag ihm auf dem herzen, dieser stein wog schwerer. marie blickte nach unten auf das kopfsteinpflaster des marktplatzes (man kennt das), um den drei kaiserlichen nicht weiter aufzufallen, als sie es mit ihren beiden holzeimern in dieser frühe ohnehin schon tat. man erzählte sich so geschichten von männern, die seit jahren im felde lagen und kreuz und quer durch die lande gezogen waren; lieber fiel man nicht auf. der kornett hielt sie an, marie sah immer noch nach unten auf das pflaster, die eimer in ihren armen hörten auf zu baumeln und zu quietschen. wenn sie doch eine hasenscharte gehabt hätte, wie ihre schwester elisabeth, die auch im winter barfüssig lief und wohl noch immer im dorf bei den eltern lebte, der mutter zur hand ging und vermutlich so lange bleiben würde, bis erst die eltern gestorben waren und sie schließlich starb; denn wer wollte schon eine frau mit einer hasenscharte, da half auch die kleine aussteuer nichts, die die eltern hätten leisten können.
der kornett hatte geweint und schien jeden augenblick wieder damit beginnen zu können. er hieß marie mit ihm kommen und sie folgte, weil keiner wolllüstig war, der weinte. ihre unschuld würde sie einstweilen behalten, hatte sie sich auch eben noch mit zerrissenem rock auf dem pflaster in einem winkel hinter dem markt gesehen. der kornett schwieg, sie liefen auf das pachelbel-haus zu, das gelb gestrichen war und noch in der trübnis des böhmischen februar die kälte für einen augenblick vergessen machte. die kälte, die man besonders bitter empfindet, wenn man zu wenig geschlafen hatte, und die farben, die man dabei strahlender wahrnimmt; zu wenig geschlafen, als bisse man in einen fauligen, mürben apfel – den geschmack verliert man den ganzen tage nicht. vor dem haus standen weitere pikiniere und musketiere herum wie einst prall gefüllte weizensäcke. keiner sprach, durch die tür die treppe hinan ins obere geschoss. ein verwüstetes zimmer, tische, stühle umgeworfen, papiere verstreut, einige davon in einer verschmierten blutlache. der kornett wies darauf und sagte: wisch weg.