woher soll ich wissen, was schön ist. – fiel mir eben ein, als ich nicht wusste, was ich notieren sollte oder vielmehr: womit ich beginnen sollte.
ich dachte noch einmal über das gespräch mit w. nach, in einer demokratie müsse man es aushalten, dass abweichende meinungen vorgezeigt würden. – zum einen halte ich nach wie vor den rahmen einer immatrikulationsfeier nicht für passend, aber darüber kann man sich streiten und ich hätte dieses spruchband wohl auch ertragen. belustigt hingenommen: das alles gibt es also. zum andern aber, und das ist der entscheidende punkt, ist es unlauter, seine abweichende meinung so zu inszenieren, dass der eindruck entsteht, sie würde von viel mehr teilnehmern am diskurs geteilt. damit wird anderen die eigene meinung aufgezwungen, ohne dass sie es bemerken. wenn man der auffassung ist, an die grimmaische straße gehörte eine kirche und die universität setzte die unterdrückung der christen mit andern mitteln fort, soll man das deutlich sagen können. man muss sich aber seinerseits kritik gefallen lassen. es geht indes nicht an, die vertretung der studierendenschaft, wie man zu ihr auch immer stehen mag, für die eigene position zu vereinnahmen. das ist unehrlich, feige und gewiss nicht demokratisch. freilich hätte man besser daran getan, das spruchband hängen zu lassen und die gelegenheit zur darlegung der eigenen meinung benutzen, darauf hinweisen können, dass man die dort geäußerte nicht teilt. – aber so langsamen, schwerfälligen denkern wie mir fällt das eben erst vierzehn tage später ein. – wie dem auch sei, ich lasse mir von so einem altklugen alt68er nicht erklären, was demokratie ausmacht. tortenwerfen (oder pflastersteine) bestimmt nicht und ebensowenig lautes brüllen oder autoritäres beharren auf dem deutungsmonopol in sachen demokratie, zivilem ungehorsam und antiautoritärem verhalten. das beißt sich die katze doch in den schwanz. der eine irrtum liegt in der annahme, man könne die menschen notfalls mit gewalt zum benutzen ihres eigenen verstandes zwingen – aber wie der benutzt wird, legt man selber fest … der unterschied zwischen dem gelingen sollen (luther) und gelingen müssen (becher). der andere irrtum liegt in der opposition zwischen mir oder uns und den menschen („die leute“). – wenn man dieses operieren in kategorien der politischen theologie so betrachtet, kann man manche aussage von franz-josef strauß durchaus nachvollziehen. (und dann heißt es gleich wieder, wenn man an dem ambivalenten, schillernden bajuwaren ein gutes haar lässt: seht ihr, ein faschist – und stasi-positionen verteidigt er auch …) – auf die meinungsfreiheit.