es gibt wohl nur annäherungen, aber keine schlussendliche antwort auf die frage, was poesie ist. sie ist der modus, in welchem man die wirklichkeit oder was man so gemeinhin als alltag bezeichnet, wahrnimmt. insofern ist die anlage und befähigung zur poesie in jedem menschen angelegt, nur bei nicht wenigen ist sie gar nicht oder kaum entwickelt – was ihr leben erschwert und verarmt, was die gesellschaft verarmt und das miteinander darin erschwert. poesie kann das leben erleichtern, vertiefen, es mit farben und dimensionen anreichern, sie kann das leben retten. ein meisterhaftes belegbeispiel findet sich in e. t. a. hoffmanns erzählung vom „goldenen topf“. ihre wirkungen sind vielleicht nicht so sehr quantifizierbar, aber sie sind vorhanden, wer sie nicht erkennt oder wahrhaben will, beraubt sich selbst mancherlei möglichkeiten. in ihr liegt auch ein gerüttelt maß an kritikfähigkeit enthalten, wo wirklichkeit anders, tiefer, bunter, … wahrgenommen wird, werden sowohl missstände als auch alternativen offenkundig.

sind wir nicht alle dilettanten? wir können nicht warten, bis uns die wahrheit eingegeben wird oder ein ganz gelungener satz. versuchen, das beste aus dem zu machen, was wir vorfinden und uns in die hände fällt – und in diesen versuchen wohl ein stück weit über das hinauszuwachsen, was wir selbst uns und andere zutrauen. ich sehe vor allem immer deutlicher: was wir alles nicht sehen von einem andern menschen, ist viel mehr als was wir sehen. jeder ist komplexer, als es scheint, nicht zuletzt ihm, ihr selbst.

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