die laternen im clarapark des abends, der schnee auf dem rasen, die kahlen bäume dazwischen, die nässe, die einem in den schuhen sitzt und langsam nach oben kriecht, der fahrtwind, der einem die wärme aus den oberen schichten des körpers abschöpft: ein utopisches russland, eine sowjetunion wie aus einem film.
am frühen abend im neuen rathaus uwe tellkamps poetikvorlesung, durchaus anregend, auch wenn ich nicht alles gleich verstand oder nachvollziehen konnte, weil ich meinen eigenen gedanken nachhing, die seine worte angeregt hatten.
mir gegenüber eine blondine, die bezaubernd lächelte, mehr über tellkamps einlassungen als etwa mir zu, auch wenn ich es mit halbem kopf glauben wollte; ein stück daneben eine brünette mit langem gelockten braunen haar und einer beeindruckenden nase, sie ähnelte im profil ein wenig s.v. alles erotisches wetterleuchten, das über das bloße aufflackern folgenlos bleibt.
am rande der veranstaltung unterhielt ich mich lange und durchaus angeregt mit k. f. das erbe der diktaturen, der transformationsprozess, die kräfte langer dauer, die verborgen lagen, aber jetzt wieder wirkungsmacht entfalten. h.z. merkte an, noch fünf solche dichter wie tellkamp von hier und es werde sich etwas bewegen (was nun genau auch immer …) ich antwortete, die mitteldeutsche bildungslandschaft sei nicht tot, sie reckele sich gerade wieder und klopfe sich den mehltau vom gewand. ich spinne, scheint mir, am roten faden mit, aber ich weiß nicht, ob ich darauf stolz sein soll.
ich sah mich in meinem arbeitszimmer um, lief darin umher und dachte einmal mehr, wie schön es wäre, einfach den dingen nachzugehen, die mir im kopf herumspuken.
aber man darf nur die hälfte von dem glauben, was die ärzte sagen, und wenn sie etwas schreiben, sollte man besonders misstrauisch sein. (uwe tellkamp, der turm. geschichten aus einem versunkenen land, frankfurt am main 2008, s. 127.)
schnee rutschte von den fichtenzweigen, in schattennestern hockten kobolde und wiesen auf uns mit hämischen fingern (…), links öffnete sich eine schlucht, ein bedrohliches auge, bewimpert mit bizarren ästen; ich war der letzte in der reihe, ich wagte nicht, mich umzusehen, nachtwunderer hätten mich zum wolf gemacht, waldweibel mich zu kraut und farn gelacht; wie erschrak ich vor einem schweren, in rüttelndem fluge abstreichenden vogel. (ebd., 131.)
dann (…) geschah etwas mit dem zimmer: die grüne tapete mit den urnensternen und strahlentieren schien sich zu öffnen; die wiener uhr bekam ein gesicht, die gelbe kunst-rose unter dem glassturz auf dem sekretär in der ecke (…) schien zu wuchern und sich zu verzweigen (…). (ebd., 148.)
der erste nobelpreisträger der ddr, beklatscht in stockholm. (ebd., 151) wenn ich nicht fehl gehe, gab es einen kandidaten und eine kandidatin, die in den achtziger jahren heiß gehandelt wurden: manfred von ardenne und christa wolf. ob dem tatsächlich so war und ob es noch weitere ernsthafte kandidaten gab, wird sich erst nach ablauf der sperrfrist für die akten der stockholmer akademien zeigen.
er musste lesen, er musste lernen. er sagte sich daß seine vorbilder mit vierzehn, fünfzehn jahren schon weiter gewesen waren als er mit seinen siebzehn; er sagte sich, daß er, um wirklich einmal zu den großen forscherpersönlichkeiten zu gehören, sein bisheriges pensum zum mindesten zu verdoppeln habe. jeden tag in waldbrunn sehnte er das ende der schulstunden herbei, um endlich an seine eigenen gehen zu können. er lernte wie besessen, acht bis zehn stunden am tag, schulisches und außerschulisches, vom schulischen aber nur soviel, wie nötig war, um in den klassenarbeiten und mündlichen befragungen einsen zu bekommen. das außerschulische bestand (unter anderem) aus täglich 50 vokabeln englisch, französisch und latein, neben erweiterten lektionen chemie, physik und biologie. (…) (ebd., 152f.) – ja, ja: be patient with your life. man denkt immer, die mülltonne unter einer brücke übers elsterflutbecken sei die einzge alternative …