am morgen gestern eine zeitungsnotiz, aus der hervorging, dass der göttinger germanist und thomas-mann-forscher heinrich detering den leibniz-preis im nächsten jahr zugesprochen bekomme. am abend wollte ich genauer wissen, was es mit ihm auf sich habe und stieß auf ein projekt, das er mit kollegen aus prag und zürich verfolgt: eine literargeographie europas (http://www.literaturatlas.eu/index.html), zunächst an drei modellregionen. nordfriesland, prag („ein hotspot der weltliteratur“) und die gegend um gotthard und vierwaldstätter see.

der beschreibung des vorhabens ist ein wort von lojze wieser vorangestellt: der welt ihre erzählbarkeit geben, heisst das nicht auch an eine landkarte der literatur zu denken, die auch den raum der literatur würdigt? so ist es. es gibt bemerkungen, die so vollständig eigene gedanken zum ausdruck bringen, dass man nicht enttäuscht oder verbittert ist, weil einer einem eine idee geklaut hat, sondern man ist ganz im gegenteil so sehr begeistert, elektrisiert, überwältigt, man möchte die ärmel hochkrempeln und gleich beginnen. die erkenntnis, die tief befriedigt, weil sie bestätigt: es geht nicht nur mir so. deine ideen sind nicht so verschroben und weltfremd, wie dir gesagt wird – oder wie du meinst, man würde dir’s sagen, sprächest du sie aus.

eine literargeografie – derlei schwebt mir auch für leipzig vor anlässlich des tausendjahrgedenkens. zwei ebenen der literaturhistorischen topographie müssten auf eine karte gebracht werden: welche dichter/schriftsteller/autoren lebten hier? und welche literarische texte haben leipzig, das reale oder ein fiktives, zum raum? das ist nicht zuletzt auch eine art der landeskunde. die landschaft (stadttopographie) ist die quelle, bemerkte einmal gerhard graf. man geht durch die stadt und sieht in die geschichteten schichten der vergangenheit (geschichte ist auch immer geschicht, sagt thomas mann in den josefsromanen), als liefe man auf einer großen fläche, die immer wieder mit glas überzogen wurde, manches sieht man besser, manches kaum. eine literaturhistorische topographie der stadt leipzig. und im nächsten schritt: mitteldeutschlands. eine bildungslandschaft ist auch immer eine literaturlandschaft. mit dresden, leipzig, weimar, weimar, weimar, jena, der oberlausitz gibt es hier eine ganze reihe von hotspots der weltliteratur. wenn man den blick schärft, wird man zudem eine fülle von weiteren orten finden, die ein stück weit entrückt und vergessen, gleichwohl aber von bedeutung sind. noch eine lebensaufgabe.

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