im sommer soll sie abgerissen werden, die anger-fabrik. wo die stützen und gefäße der erinnerung verschwinden, entgleitet die vergangenheit erst in den nebel, dann in die finsternis, so wie sich das gedächtnis der menschen erst trübt und dann vergeht. es ist eine schöne vorstellung, die erinnerungen der gestorbenen versickerten im gestein des gottesackers und würden dort zu eigenartigen gebilden verwandelt wie versteinerte korallen, aber das ist nur eine vorstellung. wenn der faden abreißt, ist alles verschwunden, was daran hing. man mag fragen: wen kümmert schon der alte kram? man mag sagen: reißt doch diese alten ruinen ab, häßlich und modrig wie sie sind. aber auch wenn die vergangenheit nicht mehr greifbar, nicht mehr zu erinnern ist, weil die zeugnisse verschwunden sind, bleibt sie doch wirk-mächtig und wir bleiben gezeichnet und gestempelt. wollen wir nun wissen, wer wir sind, können wir keine antwort finden, wenn es keine relikte mehr gibt. gewiss sehen wir allenfalls in einen verschwommenen spiegel, aber ohne kenntnis der vergangenheit tappten wir völlig im dunkeln, in der gegenwart, im stehenden jetzt.

Bild 5 047

Dieser Beitrag wurde unter ddr, erinnerung, erzgebirge veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert