der nebel verschlingt die aussicht, ganz allmählich würgt er sie hinunter und verdaut sie schlicht schicht um schicht wie die schlange ihre beute.

vor einiger zeit erzählte ich s. beiläufig, ich wünschte mir am liebsten ein feuilleton-abonement: sz, faz, nzz. sie habe dazu überhaupt keine zeit; wenn sie abends nach hause komme, wolle sie rasch informiert werden, so ein verwirrender feuilleton-stil („sie schreiben zu feuilletonistisch!“) halte da nur auf. zugegeben, ich rechne nicht mit den leuten, die einer ehrlichen arbeit nachgehen und das bruttosozialprodukt steigern; ich wende einige zeit für die durchsicht zweier feuilletons auf. aber andererseits ist das feuilleton für unsereinen halbe fachliteratur, erst recht, wenn man sich so halb und halb zur zeitgeschichte hingezogen fühlt. – vielleicht kann man sagen: ein historiker, der sich für seine gegenwart interessiert, also die moderne, muss sich notwendigerweise für frühneuzeitliche themen interessieren, denn der historiker will dem gewordensein der gegenwart nachspüren. wie ist entstanden, was mich umgibt? das ist womöglich meine zentrale frage, zumindest eine von dem kleinen bündel zentraler fragen. wer nur in der moderne wühlt, und sei es im 19. jahrhundert, ist eigentlich mehr soziologe und politikwissenschaftler als historiker. – aber sind wir alle nicht vielmehr ethnologen und versuchen zu verstehen, was wir menschen treiben?

geschichte als ethnologie betreiben heißt, im eigenen vergangenen das fremde sehen lernen – und als fremdes gelten lassen.

die trennung von natur- und geisteswissenschaften, die auf der einen seite objektive gegenstände, ereignisse und prozesse, das keimen einer pflanze, die wechselwirkung von säure und gestein, ein schräger wurf, und auf der anderen seite letzten endes bloße konstruktionen des menschlichen geistes postuliert, weshalb das eine gut und nützlich, das andere aber zeitverschwendung und folglich schlecht ist, stellt ein dogma dar, das vielleicht dem einen oder anderen dienlich, das aber deshalb keineswegs zutreffend ist. denn zum einen stellt diese trennung selbst ein produkt der menschlichen imagination dar, zum andern sind aber vermeintliche naturwissenschaftliche tatsachen ebenfalls nur annahmen und konstruktionen des menschlichen geistes, denn wir nehmen unsere umwelt allein vermittelt durch unsere sinnesorgane wahr, aus denen unser geist uns eine wirklichkeit baut. wir sehen, hören, riechen, schmecken, tasten nichts unmittelbar – nicht: wirklich.

unabhängig davon sind, frei nach dem thomas-theorem, die konsequenzen menschlichen handelns (geschichte) nicht weniger real als wetter, pflanzenwachstum oder licht. wer mir einreden will, ich triebe nur glasperlenspiele, während ein gestandener naturforscher die einzige und echte wissenschaft unternähme, lügt mich an. das verhalten von menschen zu untersuchen ist nicht weniger spannend wie das von sternen, pflanzen oder molekülen zu erforschen – und es ist nicht weniger nützlich, darüber genauer bescheid zu wissen. punktum.

Dieser Beitrag wurde unter bildung, universität, welt veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert