vor einigen tagen ein gedicht von hendrik rost in der zeitung: zeitgeist // die mülltonne auf rissigem pflaster / im hof, // die nach oben offene mülltonne / auf rädern, // fast ein anblick, den ich mögen könnte, / wäre da nicht // der müll. (faz vom 26.03.09, s. 30.) – am 13. august vergangenen jahres streunte und streifte ich abends noch etwas durch plagwitz, auf der suche nach ein paar zeileneinfällen: wertstoffkreislauf // überquellende / mülltonnen zu fotografiern und / denken, damit ändere sich / etwas, was auch immer, / ist einfältig, denn / wer weiß, ob die mülltonne / nicht gefüllt ist bis über den rand / mit fotografien von mülltonnen, die / überquellen.
ich kehrte halb zwei in der nacht heim, hatte seit dem nachmittag nichts gegessen und nur etwas wein am abend getrunken. ich goss jasmintee auf, aß ein paar schnitten und las in dem gedichtband von helga novak. ich konzentrierte mich auf die zeilen, ich versenkte mich in sie und las sie so oft, bis ich einen sinn gefunden hatte: ich beruhigte mich vom tag, der voller gespräche war aber sonst leergeblieben war. kaum hatte ich drei gedichte gelesen, stellten sich sätze ein, die ich notierte, während ich einige tassen tee trank. der anfang ist ein satz, der plötzlich da ist wie die erste schwalbe: … und wer kennt schon den andern? – eine zeile macht noch kein gedicht, aber jedes gedicht beginnt mit einer ersten zeile. manche sätze erscheinen wie binsenweisheiten, aber zuletzt ist jede erkenntnis eine binsenweisheit (1), gleich wenn sie in the very beginning eine sensation war, ja geradezu eine verteufelte häresie, und ein ferner enkel mag sich fragen, warum so viel gewese gemacht worden ist einst um die tatsache, dass energie nur beschleunigte masse sei. – so sitze ich und lausche in die welt.
(1) immer dieser furor, dieses leidenschaftliche naserümpfen gegen binsenweisheiten. die welt ist voller binsenweisheiten, jede erkenntnis ist eine binsenweisheit – der clou liegt darin, sie ungewöhnlich miteinander zu verknüpfen.