nachdem barack obama in prag mit magnetischen worten, wie man es gewohnt ist von ihm, erklärt hat, er strebe eine atomwaffen-freie welt an, wird einerseits die kraft dieser vision hervorgehoben, andererseits real-politisch vehement einspruch erhoben. in einer multipolaren welt wie dem 21. jahrhundert, das in seiner unübersichtlichkeit viel mehr dem vorvergangenen als dem vergangenen entspricht, sei eine vollständige abrüstung ungleich schwieriger als in der zeit der blockkonfrontation, also praktisch unmöglich. gehässig wird bemerkt, die parole laute nicht länger yes we can!, sondern nur noch we must insist! aber gibt es denn eine alternative als auf dieser abrüstung zu bestehen? machen wir uns nichts vor: es wird keine atomwaffen-freie welt geben, von den andern geißeln zu schweigen. wenn begriffe wie massen-gesellschaft oder massen-universität schon eine zu-mutung sind, die ent-mutigen, weil sie dem einzelnen nicht nur die würde ent-ziehen, sondern sie ihm von vorneherein gar nicht zu-gestehen, wenn dem so ist, dann handelt es sich bei dem wort massen-vernichtungs-waffe um dessen potenzierung ins absolutum von würdelosigkeit und menschenverachtung. man lasse sich das wort mal auf der zunge zergehen, schwenke es in den ganglien hin und her, befühle und bedenke es: massen-ver-nichtungs-waffe. man kann doch nicht zur tagesordnung übergehen: es gibt sie – so what? man muss darauf bestehen, darauf bestehen, die erde bewohnbar zu halten. denn andernfalls war alles vergebens. denn der sinn der geschichte ist die offenheit der zukunft. terrorismus und ideologischer fundamentalismus, ressourcen-vernichtung, klimawandel, massen-vernichtungswaffen, gentechnik, organisation von wirtschaft und gesellschaft. das sind keine pazifistischen phantastereien, das sind keine idealistischen idiosynkrasien, das ist ein teil der real-politik, denn wer sich nicht der schrecken und gefahren bewusst ist, die in der welt lauern, kann keine real-politik betreiben. (klingt zwar nach binsenweisheit, apodiktisch vom katheder herunterdoziert, ist aber so.) die lehren aus dem aufstieg des nationalsozialismus und aus dem niedergang der sowjetunion sind keine argumente gegen pazifistische grundeinstellung. (andererseits: das si vis pacem, para bellum ist weder ein blankoschein für eine endlose rüstungsspirale noch ausdruck einer verbohrten, engstirnigen weltsicht.) das problem liegt in der einmaligkeit von geschichte: weder kennt man das schlimmere, das verhütet wurde, noch das bessere, das man versäumt hat. wie sähe die welt aus, wenn die westmächte 1935 bei der wiedereinführung der allgemeinen wehrpflicht und der remilitarisierung (schon diese worte: remilitarisierung) der rheinzone, sich konsequent engagiert hätten? wäre die sowjetunion mit ihrem satellitensystem nicht auch zerbrochen, wenn es keine nato-nachrüstung gegeben hätte? solche fragen scheinen müßig, aber wenn man sie nicht stellt, erscheint die geschichte zwangs-läufig. zuletzt: eine reduzierung der atomwaffen auf null wird wohl nicht möglich sein, der geist ist einmal aus der flasche, aber zumindest eine deutliche reduzierung auf ein potential weit unterhalb der selbst-vernichtungsgrenze – darauf zu insistieren ist: vernünftig. — so betrachtet (ein erhard-eppler- oder protestantischer pastoren-satz fast): massen-vernichtung schließt selbst-vernichtung ein.
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