seit wochen, ja wenn ich es mir recht überlege: seit jahren, lebe ich in einem dumpfen zwielicht vor mich hin und versuche methoden zu finden, um das feindselige verstreichen der zeit nicht wahrnehmen zu müssen. was hast du denn getan? seit wochen, so scheint es mir, habe ich keine zeile geschrieben und je länger diese pausenphase anhält, desto unzufriedener werde ich, desto weniger gelingt mir, desto stärker schwinden die kräfte, die aufgaben des tages und der stunde zu bewältigen. es gibt so vieles zu tun, dass ich in wachen augenblicken, kurz bevor ich einschlafe, kurz nachdem ich aufgewacht bin, darüber erschrecke wie vor einer flutwelle oder einer folterstunde, zu der man einbestellt wird. dabei sind diese aufgaben ins einzelne aufgelöst, ohne weiteres zu bewältigen. hier eine stunde, dort ein tag (wobei mir, zugegeben, die fähigkeit fehlt, einstweilen fehlt, die notwendige zeit für eine bestimmte aufgabe zu kalkulieren). aber in ihrer massivität schlagen jahre auf mich ein, drohen am horizont des kommenden tages und befördern einen fluchtreflex in die untätigkeit. zuweilen erlebe ich dazwischen, wenn man so will: momente des glücks, in denen mich eine aufgabe so fasziniert, dass ich es gar nicht erwarten kann zu beginnen. beispielsweise als ulrich thiel vom freiberger bergbaumuseum meine auffassungen zu den desiderata der erzgebirgs-geschichte bestätigte; oder als ich abends nach meinem vortrag nachgerade ins schwärmen geriet über die möglichkeiten und aufgaben, die einem bei dieser beschäftigung begegnen. aber das sind alles nur kurze augenblicke und dazwischen bin ich von der frage erfüllt, ob das auch alles richtig und wichtig ist, was ich da tue und treibe. es fehlen die positiven verstärkungen, das schulterklopfen, ohne dass man darum gebeten hätte, das freundliche wort zwischen tür und angel. forderungen allein richten einen zugrunde, zumindest stumpfen sie einen so weit ab, dass man, kommt man aus dem trott der jahre gelegentlich zur besinnung, sich erstaunt, erschreckt die augen reibt und fragt: war es das, weshalb du ausgezogen bist? – ich brauche halbe tage, bis ich mich soweit beruhigt habe, dass ich mich an den schreibtisch setzen und ans werk begeben kann. kraft-voll, vorwärtsstürmen, wo engel furchtsam weichen – ich kenne das, ich vermag das, in manchen momenten. das wäre es ja: aufwachen und sofort wissen, was zu tun ist. nur schnell an den schreibtisch wollen, es gar nicht erwarten können, trotz müdigkeit, kälte und fehlender freundlichkeit. aber man kann nicht wollen, was man will. man merkt den sätzen an, den texten mit fußnoten oder ohne, ob man sie sich aus den eingeweiden gewrungen hat wie ein paar tropfen wasser aus einem stück fast trockenen stoffs. die brennende trockenheit der müdigkeit, in den augen, im ganzen leib. – selbst wenn ich mich auf eine sache konzentrieren wollte, sind die anderen doch immer gegenwärtig; ich finde keine ruhe, eine aufgabe zu erledigen, ich hetze von einer zur anderen, um sie zu beruhigen wie eine schar schreiender kinder, aber zuletzt verhungern sie mir alle: hundert esel und nur ein heuhaufen. ich renne von einem zum andern, kann aber nirgendwo lange bleiben, so verstreichen die tage, die jahre in wilder hast, aber trotz des vielen staubs, der aufgewirbelt wird, bleiben die äcker darunter unbearbeitet.
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