was mich erlösen könnte, ist die poesie, eine poesie freilich, die vor den menschen bestehen kann und von ihnen geachtet würde – was die finanzielle, existenzsichernde dimension bedeutet. die menschen, die ich kenne, sollen mich kennen und sollen meine poesie achten. alles was mich erlöst, ist die poesie. erlöst vor bösen gedanken, die von der bosheit oder gleichgültigkeit der welt, was letztendlich dasselbe ist, entfacht werden. aber die poesie ist keine banklehre. da hilft nur ein sprung ins ungewisse. alles schon hundertmal durchdacht, nichts neues. es ödet mich an. und dennoch, trotzalledem und alledem: die poesie. natürlich will ich eine frau küssen, mit der ich das leben und die welt erkunden kann, und natürlich will ich kinder. und lesen. und denken. und schreiben. aber ich will es ohne mühen. wasch mir den pelz, aber mach mich nicht nass. oder: ich will die mühen und die müdigkeit bezwingen können, ich will überzeugt sein, ich will die leidenschaft zu kämpfen, standzuhalten und nicht zu weichen. ich habe das gefühl, zehn jahre älter geworden zu sein und immer noch die gleichen krumen (krümel!) um- und umzuwenden. als schwebte ich irgendwo im raum und rotierte wie wild mit den armen oder auch gar nicht und käme auf keine weise irgend weiter. eingepfropft in eine gummihülle. ein einzeller vor dem herrn. phytoplasma. ich will aus dem schlaf fahren und schreiben, acht, zehn, zwölf stunde a day, ich will es wollen, ich will es tun müssen. aber, schopenhauer. der triumph des willens ist ein winselnder luftballon. ein luftballon, aus dem mit einem alltäglichen derben geräusch die luft entweicht, während er erst ein wenig herumflattert und dann zu boden geht. – wie es sich freilich für einen dutzendmenschen gehört, verfällt er bloß auf dutzendbilder.

was ich je erreichen kann, habe ich schon erreicht: ich tauche in einer zeitgenössischen fußnote auf, weil ich einem handfesten gelehrten zufällig ein passendes thomas-mann-zitat nennen konnte, so dass ich als kenner des gesamtwerks erscheine. erscheine, wohlgemerkt!

manchmal aber bin ich dann nach so einer redundanten gedankensuada derart von mir überzeugt und angetan (und wirklich: die poesie hat mich wieder einmal einen weiteren tag gerettet, auch wenn es dutzendmenschenpoesie ist, trotzdem), dass ich tatsächlich glaube, ich könnte dereinst zu ähnlicher gedankentiefe dringen wie der alte walser. und dann sitze ich beim tageslicht und mir fällt nur unbedeutendes geschwätz ein. ich lese die gedichte von hans-ulrich treichel und bin ganz angetan, angetan vermutlich vor allem deshalb, weil ich mir denke: das kannst du auch. aber ich merke nicht, wie belanglos sie sind. sondern erschrecke erst angesichts der grausamen und eloquenten offenheit einer rezension: es fällt einem doch wie schuppen von den augen. das sagt dann alles über meine gedichte und mein denkerisch-dichterisches potential aus. zumal: könnte ich es wirklich? – und dennoch, „dennoch“ immer wieder, die poesie rettet mich, die worte retten mich. seien es auch nur worte für mich, einige unbedeutende worte für mich. und das ist fast schon wieder ein herzerfüllender, befreiender titel: some unimportant words for me.

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