weil man liest, schreibt man. ich glaube nicht, dass jemand zum schreiben kommt, ohne zu lesen, ohne dass das lesen sowieso schon zu seiner wichtigsten beschäftigung geworden ist (…). nun bist du, sagt man sich, so alt wie er [schiller] und hast „die räuber“ immer noch nicht zustande gebracht, man sieht sein leben immer nur im vergleich mit diesen geliebten größen, und es wird deswegen immer weniger eine frage, was man später tun wird, man hat keine andere chance, es sei denn, man würde sich verkrümmen. aber dann merkt man bald, dass man von dem geschriebenen nicht leben kann, und überlegt, wie man es finanzieren könnte. wenn man von zu hause auch kein geld hat, da muss man halt etwas arbeiten, was das schreiben ermöglicht (…). man bleibt dann in der unsicherheit, ob es je reichen wird (…). (martin walser, zit. nach: leben ohne utopie. gespräch mit martin walser, in: armin roscher, lebensmuster. zehn gespräche, berlin 1995, s. 32, hervorhebung vom autor.)
was will, was soll man dem noch anfügen?
das wechselgespräch mit sich selber beim wandern. man läuft als sächsischer herodot durchs erzgebirge, man schaut, staunt, sammelt; man fragt sich: wie er wohl aussah, als er durch kleinasien, ägypten, … wanderte. weißer umhang, aber das ist wohl nur ein signum der eigenen vorstellungskraft.
unterwegs fand ich beim fotografieren im rasen ein altes tschechoslowakisches grenzschild, das schon zur hälfte weggerostet war. es ist nur noch statní hranice zu lesen, pozor kann man sich nur noch denken. ich nahm das schild mit nach hause und fühlte mich dabei sehr wohl: ich sammle zeugnisse der vergangenheit.
beim weiteren fotografieren fragte mich eine frau, ob ich etwa an den immobilien interessiert sei. ich verneinte, entwickelte aber ein gespräch mit ihr über den baldigen abriss der häuser, in denen sich schon der schwamm ausgebreitet habe und drohe auf ihr eigenes haus überzuspringen. ihr mann und ihre söhne mauerten gerade einen schornstein aus dem dach. dies zu fotografieren, war sie überhaupt vor die tür getreten und auf mich gestoßen. zwei fotografen. sie hätten den schornstein in den neunziger jahren zurückgebaut, aber bei den energiekosten heutzutage bleibe einem nicht viel anderes übrig, als wieder auf holzheizung umzustellen. – als ich mich verabschiedet hatte und weiterlief, war ich guter dinge: doch so eine art journalist, immer interesse, immer neugier.